Vor einigen Wochen ging eine Meldung durch das Internet, an die ich immer wieder denken muss. Es ist eine Mischung aus Verständnislosigkeit, Grausamkeit und Wut, die in mir dieses “Da muss sich etwas verändern” — Gefühl auslöst. Das darf so einfach nicht passieren. Nicht hier. Eigentlich nirgendwo auf dieser Welt.
An einem Donnerstag Abend gegen 22 Uhr meldete die Überwachungskamera eines Tierheims, dass sich auf dem Gelände etwas bewegt. Was der diensthabende Mitarbeiter live auf seinem Handy mitverfolgen kann, lässt die Welt für einen Moment stillstehen. Vorsichtig nähern sich zwei Personen dem ca. 2 Meter hohen Tierheimzaun. Anhand ihres Gangs und ihres ständigen Umblickens wird schnell deutlich, dass sie nicht gesehen werden möchten. Als sie sich sicher und unbemerkt fühlten, warfen sie plötzlich mit Schwung einen Bündel über den hohen Zaun und flüchten in die dunkle Nacht.
Das Bündel war ein junger, großer Hund, der einfach über den Zaun geschleudert wurde. Der Tierheimmitarbeiter fuhr direkt zu der Hündin, versorgte sie mit Futter und Wasser und brachte sie in einem Schuppen. Sie war völlig verängstigt, stand unter Schock und ließ sich kaum einfangen. Auch am nächsten Morgen stand die Hündin noch immer neben sich, saß ängstlich in einer Ecke. Eine Gesichtshälfte war geschwollen, denn scheinbar ist sie beim Sturz auf ihr Gesicht gefallen.
Während ich diese Zeilen schreibe, sehe ich die Hündin aus dem Video vor meinem geistigen Auge. Ich musste einen Moment innehalten. Nahezu täglich liest man Meldungen von Tierquälerei und mir geht jede einzelne nah, doch diese ganz besonders.
Wie kann man so unglaublich grausam sein und einen Hund über einen so hohen Zaun schleudern? Ihn einfach wie einen Müllsack hinaus in die dunkle Nacht werfen — ohne Rücksicht darauf, ob sich das Tier schwere Verletzungen zuziehen kann. Von dem Ausmaß der seelischen Grausamkeit mag ich mir gar kein Urteil erlauben…
Früher las man von angebunden Hunden an einem Autobahnrastplatz. Furchtbar — keine Frage. Doch wenn ich mir die Meldungen heute ansehe, so muss man mit erschrecken feststellen, dass das Aussetzen an einem Autobahnrastplatz offensichtlich schon zu den harmloseren Varianten gehört, einen Hund “loszuwerden”.
Ausgesetzte Hund an viel befahrenen Straßen haben zumindest eine Chance entdeckt zu werden und ganz ehrlich: Es kann auch kein gutes Zuhause gewesen sein, wenn die Menschen so grausam sind, das arme Tier einfach auszusetzen. So hat es wenigstens noch eine Chance ein neues, liebevolles Zuhause zu finden. Auch, wenn das jetzt vielleicht etwas kindlich und naiv klingen mag.
Man liest von Hunden, die verhungert und verdurstet sind, weil sie mitten in einem Wald ganz eng an einem Baum angebunden worden sind. Die Chance hier entdeckt zu werden tendierte gegen null.
Man hört von Hunden, insbesondere Welpen, die mit Steinen in einem Müllsack im Fluss versenkt werden. Abartig — etwas anderes fällt mir hier nicht mehr zu ein.
Und nun ein Hund, der einfach über einen Zaun geworfen wird…
Das darf nicht passieren.
Doch hierzu muss sich eine Menge verändern. Die Tierheime sind voll, nehmen teilweise keine Tiere mehr auf. Teilweise muss man eine nicht unerhebliche Summe hinterlassen, wenn man ein Tier in einem Tierheim abgeben möchte. Oft bekommen die Menschen gar kein Tier vermittelt. Kein Garten, die Vollzeitstelle oder das Grundstück in der Nähe einer Autobahn — “Gründe” gibt es genug und ja ich gebe gerne zu, dass ich viele abgelehnte Vermittlungen völlig überzogen finde. Ich kenne einen Fall, in dem eine Frau alleine lebte und eine Vollzeitstelle hat. Dies reichte den Tierheimmitarbeitern aus, um eine Vermittlung auszuschließen. Dass die Frau aber direkt neben ihren Eltern wohnt und diese den Hund während ihrer Arbeitszeit betreuen wollten, wurde nicht berücksichtigt. Ich bin mir sicher, jeder Tierheimhund hätte das Leben bei dieser Familie in dem großen Doppelhaus mit großem Garten dem Zwinger vorgezogen, aber ich schweife ab…
Einige Gnadenhöfe und einige wenige Tierheime haben mittlerweile Tierklappen eingeführt. Hänger, in denen man Tiere unbeobachtet abgeben kann — immerhin eine deutlich bessere Lösung als sie chancenlos auszusetzen, über Zäune zu werfen oder gar umzubringen. Doch das alles muss auch finanziert werden und den Tierheimen fehlt es an allen Ecken und Enden.
In diesem Zusammenhang komme ich nicht umher mich zu fragen, warum so viele Hunde nach Deutschland geholt werden und zum Teil hier in den Tierheimen untergebracht werden. Muss wirklich jeder Straßenhund eingefangen und hierher gebracht werden? Gibt es nicht vielleicht Hunde, die völlig gesund auf der Straße leben und damit auch zufrieden sind, ihre Freiheit genießen und in einer Wohnung vielleicht völlig durchdrehen würden? Sollte man nicht vielleicht mehr dazu übergehen, in den entsprechenden Ländern wie Griechenland, Spanien, Rumänien und Co. Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten? Wäre es nicht sinnvoller, das Geld so zu investieren, dass die Straßenhunde sich nicht weiter und unkontrolliert vermehren können?
Tierheime müssen mehr finanzielle Unterstützung bekommen. Es muss mehr Tierklappen in Deutschland geben, damit niemand mehr auf die grausame Idee kommt, einen Hund über einen Zaun zu schleudern. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass es vielleicht dazu einladen würde, ein Tier im Tierheim abzugeben, wenn das problemlos und jederzeit möglich wäre. Doch wir müssen uns auch vor Augen halten, wer den hohen Preis dafür zahlt, dass unsere Tierheime überfüllt sind. Wäre es möglich gewesen, die Hündin dort (vielleicht sogar anonym) abzugeben, dann wäre sie wahrscheinlich nicht über den Zaun geworden worden.
Es ist unvorstellbar, was manche Tiere durchmachen müssen. Während Queen & Püppi behütet und umsorgt werden, gibt es dort draußen Menschen, die Tiere grausam misshandeln. Für mich eine ganz bedrückende Vorstellung und obwohl man so viel dagegen unternehmen möchte, ist man doch so hilflos.
Und bevor man die eine Meldung verarbeiten konnte, kam direkt die nächste:
Ein Hund sucht ein neues Zuhause. Sein Gesicht ist über und über voller Narben. Der Hündin wurde das Maul zugebunden. Als “Köder” wurde sie Hunden vorgesetzt, die als sogenannte Kampfhunde später in einen Ring steigen sollten, während der unterste Abschaum dieser Gesellschaft am Rand steht und den Favoriten anfeuert, auf den sie gewettet haben. Nur einer kommt lebend heraus — das ist der Deal. Und damit die Hunde lernen, andere anzugreifen, benötigt man “Köder”. Diese dürfen sich nicht wehren, sodass ihnen die Schnauze verbunden wird. An ihnen sollen die anderen das Kämpfen lernen. Geht es abartiger?
Es drückt. Es drückt von oben herab auf meine Schultern und ich merke, wie ich immer länger benötige, um diese Geschichten aus dem Kopf zu bekommen. Sollte man sie überhaupt aus dem Kopf bekommen? Ich kann die Bilder kaum ansehen, ohne dass es mir die Brust zuschnürt. Vergessen kann doch hier nicht richtig sein.
Zumindest fühlt es sich nicht richtig an …
Ich habe das Video auch gesehen und direkt losgeheult. Ich verstehe so etwas nicht. Ich fände eine Hundeklappe auch gut, wobei ich ja auch etwas schwanke. In den Niederlanden hat man angeblich die Strafen für das Aussetzen von Tieren massiv erhöht, woraufhin es tatsächlich keine Straßentiere mehr dort gibt. Vielleicht könnte man tatsächlich eine Kombi verwirklichen: Abgabe im Tierheim oder in der Tierklappe kostenlos und straffrei, Aussetzen von Tieren Freiheitsstrafe und hohe Geldstrafe im mindestens 5-stelligen Bereich.
Noch was: Dass die Tierheime in Deutschland voll sind, stimmt zumindest auf Hunde bezogen nicht. Viele der Hunde, die aus Deutschland ins Tierheim kommen, sind schwer bis gar nicht vermittelbar, während die Hunde aus dem Ausland oft leicht zu vermitteln sind. Außerdem ist das Leben in deutschen Tierheimen purer Luxus im Vergleich zu Rumänien, Russland, Bosnien, Spanien usw. Dort werden sie ja oftmals umgebracht. Leider haben auch viele Hunde auf der Straße da kein schönes Leben, weil sie nicht erwünscht sind und weggefangen, bei lebendigen Leib ins Feuer geworfen, überfahren werden usw. Keiner kümmert sich um die Verletzungen. Wenn sie von staatlichen Stellen weggefangen werden, werden sie eingesperrt und dort verhungern und verdursten sie dann (Rumänien). Ja, natürlich sind Kastrationsprogramme super. Sie werden ja auch von vielen Tierschutzvereinen gemacht. Auch Aufklärungsarbeit in Schulen wird geleistet. Dennoch muss den vorhandenen Tieren ja auch geholfen werden.
Mit der Tierklappe, ich wäre ja durchaus bereit mal da zu übernachten und die Tiere dann zu versorgen. Es gibt bestimmt noch mehr Leute, die das ehrenamtlich machen würden.
Übrigens war während der Grenzschließung unser Tierheim vor Ort plötzlich ohne Hunde. Alle waren vermittelt und es gab keine neuen Hunde aus dem Ausland.
Mit den Vermittlungskriterien gebe ich Dir Recht. Ich habe drei Hunde und hätte wahrscheinlich einen aus dem Tierheim vor Ort bekommen, aber nur, weil man mich dort kennt und weiß, dass es meinen Hunden super geht. Rein vom Papier her hätte ich keinen bekommen, da ich auch alleine lebe (aber in einem Haus) und in Vollzeit arbeite. Ich habe aber ein gutes Netz an Freunden, Nachbarn und Familie. Meistens kann ich meine Hunde mit zur Arbeit nehmen. Wenn nicht, sind sie aber auch nicht länger als drei Stunden alleine. Wenn ich mal ausgehe, sind sie länger alleine (5 Stunden), aber das ist sehr selten und auch nachts. Dann habe ich sie sogar über eine Kamera im Blick (Helicopter-Mama ;-)). Leider haben die Tierheime alle schlechte Erfahrungen in der Vermittlung gemacht und deswegen sind sie so streng geworden. Es ist wirklich sehr schade.