Es ist mal wieder so weit. Queen ist läufig. Dabei ist es nicht so, dass mich dieser Umstand plötzlich und unerwartet traf, denn Queens Läufigkeit kündigt sich regelmäßig und äußerst zuverlässig durch einen ausgiebigen Fellwechsel an. Und mit ausgiebig meine ich, dass das Schäfitier ca. sechs Wochen lang so viele Haare verliert, dass sie gefühlt schon drei mal hätte komplett nackt sein müssen. Zwei bis drei Mal saugen pro Tag ist da gar nichts. Einmal schütteln und es rieseln ca. 5000 Haare pro Quadratcentimeter zu Boden. Wirklich eine traumhafte Zeit. Ich bin fast geneigt zu sagen, dass ich mich aufgrund der vielen Fehllbüschel in den Zimmerecken schon fast auf die Läufigkeit freue, weil ich weiß, dass die Haarung prompt am vierten oder fünften Tagen endet.
Doch meistens habe ich mich zu früh gefreut.
Queen mutiert während der Läufigkeit zu einem Koalabären. Ihre Interessen beschränken sich auf die Nahrungsaufnahme und die Augenpflege. Damit meine ich, sie schläft sobald sie nichts mehr zu Fressen findet. Draußen benimmt sie sich als sei sie ungefähr 16 Jahre alt. Vielleicht will sie mich auch nur darauf vorbereiten, wie langsam wir voran kommen werden, wenn Madame mal zum älteren Semester gehören wird.
Jedenfalls schleichen wir von Grashalm zu Grashalm. Alles riecht höllisch interessant und alles muss markiert werden. Auf drei Beinen natürlich. Dabei kann Queen das überhaupt nicht. Unter Markieren verstehe ich das gezielte Anpinkeln in einer durchaus geplanter Menge. Ihr müsst euch das ungefähr so vorstellen. Queen erschnüffelt eine Stelle, die sie als markierungswürdig einstuft. Dann hebt sie ein Bein. Allein das ist schon lustig genug. Doch sie trifft nie die Stelle, die sie vorher intensiv beschnüffelt hat. Im Gegenteil: Eigentlich sind wir alle froh, wenn sie sich nicht selbst dabei anpinkelt. Und die Wahrscheinlichkeit ist nicht gerade gering, denn statt ein paar Tropfen, lässt Madame erst einmal ordentlich laufen. Das ist auch der Grund dafür, warum Markieren maximal zwei bis drei Mal pro Runde möglich ist.
Diese “Ich bin läufig und muss alles markieren” — Spaziergänge scheinen derart anstrengend zu sein, dass Queen anschließend für zwei bis drei Stunden in ihrem Korb verschwindet und erst wieder raus kommt, wenn sie die Kühlschranktür, meinen Schlüsselbund oder ihre Keksdose hört.
Aber auch für mich ändert sich in dieser Zeit so einiges.
Zunächst einmal läuft Queen auch während er Läufigkeit ohne Leine. Sie hört selbst zu ihrer Standhitze super und ich möchte sie nicht noch weiter einschränken. Wenn ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann, darf sie auch während ihrer Läufigkeit “off — Lein” spazieren gehen. Kommt uns ein anderer Hund entgegen Leine ich an. Hundebegegnugen möchte ich unbedingt und ausnahmslos vermeiden. Zu ihrer Standhitze ist das selbsterklärend. Während der anderern Tage gleicht Queen anderen Hunden gegenüber einer wildgewordenen Tiger. Auf Hündinnen hat sie so gar keinen Bock und sollte ein Rüde zu nah an ihren Hintern kommen, wird einmal kurz gewarnt (was die meisten intakten Rüden aufgrund der einschießenden Hormone allerdings gar nicht mitbekommen) und dann knallt es. Hundebegegnungen müssen also nicht sein.
Nun kann ich mich allerdings nicht in Luft auflösen. Selbst wenn wir die typischen Hunderunden meiden und die Zeiten so anpassen, dass möglichst wenige unterwegs sind, irgendwen triffste immer. Ich habe mir also angewöhnt schon aus einiger Entfernung laut zu rufen und dem mir entgegenkommenden Hundemenschen die Möglichkeit zu geben, seinen Hund zu rufen und anzuleinen. In der Regel rufe ich Sätze wie “Meine Hündin ist läufig. Könnten Sie Ihren Hund bitte kurz anleinen.” oder “Ich habe hier eine läufige Hündin, die zur Zeit keinen Hundekontakt möchte.” Nun dauert so eine Läufigkeit ungefähr drei Wochen. Drei bis vier Runden am Tag und pro Runde ungefähr zwei bis drei Hundebegegnungen… Da kommt schon einiges zusammen. Und wenn es dann etwas heißer wird und man den Satz gefühlt schon 37 Mal am Tag gerufen hat, funktioniert das Gehirn einfach nicht mehr so gut und es kommen Sätze aus mir heraus wie “Ich bin läufig. Leinen Sie bitte kurz Ihren Hund an.” Laut und deutlich und meistens in Gegenwart von Nicht — Hundemenschen. Läuft bei mir.
Kaum sind wir Zuhause angekommen, legt der wilde Tiger sein Kostüm ab und mutiert wieder zum Koalabärchen. Es wird sich mitten in den Weg gelegt und sobald jemand vorbeiläuft, dreht sie sich auf den Rücken und lässt sich schwanzwedelnd den Bauch kraulen. Die viel zu lange Zunge hängt weit aus dem Maul heraus und rollt sich irgendwo zwischen dem letzten und vorletzten Backenzahn in die Ecke. Sie erinnert dabei immer etwas an eine Hyäne. Zumindest von dem irren Gesichtsausdruck, den weit aufgerissenen Augen und der wild herumfliegenden Zunge. Und wie ein Hyäne so sorglos durch ihr Leben trottet, so trottet das Bärchen hier ebenfalls sorglos durch die Wohnung. Und damit meine ich, es tropft. Wo sie geht und steht tropft es aus ihr heraus. Und wenn man jetzt denkt, Queen würde diese Tropfen auflecken, dann kennt man Queeni schlecht. Hier macht sie ihrem Namen alle Ehre. Die Bluttopfen auflecken? Nicht mit ihr. Madame trottet einfach daran vorbei und wenn zu viele Tropfen auf dem Boden sind, dann will sie dort auch nicht mehr herlaufen. Sie bleibt stehen und schaut in die Runde während über ihrem Kopf eine sichtbare Sprechblase mit den Worten “Personal bitte” auftaucht. Der Wischer steht direkt griffbereit hinter der Küchentür und so komme ich dem Wunsch des Schäfitieres nach und wische hinter ihr her. Es gibt Tage, an denen fühle ich mich wie ein Tatortreiniger. Es fehlen nur noch die Kennzeichnungen auf dem Boden und der Mundschutz und dann steht meiner Karriere als Spurenverwischer nichts mehr im Weg.
Ich muss jedoch dazu sagen, dass es nicht so ist, dass sie gar nicht putzen würde. Sie putzt bzw. leckt durchaus ihre riesig angeschwollene Scheidi Klum (ein großes Dankeschön an Ines Anioli für diese wundervolle Bezeichnung des weiblichen Geschlechtsorgans). Und wenn man denkt, dass ein Hundewürgen, der Geruch von Pansen oder Hundedurchfall auf dem hellbraunen Wohnzimmertepppich einen gewissen Ekel hervorrufen könnten, der hat Queen noch nicht dabei zugehört wie sie ihre — ach was soll es, ich sag es so gerne — Scheide Klum schlickert. Dieses laute Schmatzen gepaart mit der bildlichen Vorstellung ist derart ekelig, dass ich unter Umstände anfange, Melodien irgendwelcher Lieder zu summen, nur um das nicht warhnehmen zu müssen. Natürlich kann man das einem Hund nicht verbieten. Das ist völlig natürlich und nur ihre Art, sich sauber zu halten. Dennoch komme ich nicht umher zuzugeben, dass ich lieber “Atemlos” singen würde, als dass sich dieses Geräusch in meinem Gehirn festbrennt.
Was soll ich sagen? Queens Läufigkeit ist eben immer wieder ein Highlight 🙂
Danke für diesen genialen Beitrag. Habe schon lange nicht mehr so gelacht 🙂 love it!
Nachdem der Lachflash vorüber ist… einfach herrlich! Der Name „Scheidi Klum“ ist genial.
Schade, dass Shiva kastriert werden musste. Sie war so herrlich entspannt in der Zeit und fand alle Hunde toll. Das hätte ich ja so gerne behalten.
Aber du hast Recht. Dieses Schlotzgeräusch… *schüttel* Shiva ist ja immer noch so ne Schlotzerin… das geht einem so auf den Trichter, nur dieses Geräusch. *schüttelschüttel* Ich wünsche euch, dass ihr die 3 Wochen gut rumkriegt und dein Koalabären-Tiger wieder normal wird.
Flauschige Grüße
Sandra & Shiva
Super Beitrag!! 👍🏻 Habe auch mehrmals laut lachen müssen! Toll geschrieben und absolut nachvollziehbar, auch wenn ich selber keine Hündin, sondern „nur“ einen kastrierten Rüden habe. 😆😂
Meine Hündin ist kastriert und danach inkontinent geworden. Somit kenne ich dieses Schmatzgeräusch auch vom Abschlecken des auslaufenden Urins.
Das Geräusch finde ich nun jetzt nicht soo schlimm und sie tropft auch nicht auf Schritt und Tritt. Nur ihr Hundebett und mein Bett (weil sie da ab und zu schläft) brauchen eine Inkontinenzmatte. Hin und wieder geht mal was auf den Teppich, wenn sie sich da gemütlich hinlegt. Wir haben uns damit abgefunden, aber mir wäre lieber, sie wäre noch intakt.
Lasst eure Hündin bloß nicht kastrieren, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt!
„Während der anderern Tage gleicht Queen anderen Hunden gegenüber einer wildgewordenen Tiger. Auf Hündinnen hat sie so gar keinen Bock und sollte ein Rüde zu nah an ihren Hintern kommen, wird einmal kurz gewarnt (was die meisten intakten Rüden aufgrund der einschießenden Hormone allerdings gar nicht mitbekommen) und dann knallt es.“
Da wäre mancher bestimmt dankbar für eine Warnung alá „die ist läufig und tut was.“ Das ist nämlich wirklich nicht selbsterklärend.
Selbstverständlich warne ich die Besitzer, doch nicht immer ist ein Mensch bei den Hunden die angerannt kommen. Rüden hauen auch ab wenn sie läufige Hündinnen riechen und manchmal kommt der Besitzer erst Minuten später angelaufen. Selbstverständlich sage ich, dass Queen läufig ist. Das ist wohl selbsterklärend ☺️
Hallo,
habe deinen Block erst kürzlich entdeckt und lese mich fleißig durch deine Artikel!
Sehr unterhaltsam und auch interessant! 🙂
Ich habe auch eine intakte Hündin und sie verliert ihr Fell immer nach der Läufigkeit. Ansonsten ist sie eigentlich in der Zeit recht umgänglich mit Rüden. Bei ihren Favoriten hält sie auch den HIntern ohne Scham hin… *schamloses Weib*
Nur Mädels kann sie nicht leiden. Das ist aber auch ohne Läufigkeit der Fall. *hmpf*
Aber verfressen wird sie, noch schlimmer als sonst. Und schmusig.
Ja, unser Hund wird ja eh nie gestreichelt, ist ja klar.
Viele Grüße Schlundi und Moony