Dieser Artikel enthält Bilder einer Blutegeltherapie. Solltest du diese nicht sehen wollen, weil du zum Beispiel kein Blut sehen kannst, kannst du dennoch gerne diesen Artikel lesen. Alle Bilder befinden sich aus Rücksicht auf euch erst am Ende des Artikels. Ich sage euch Bescheid, bevor ich euch die Bilder zeige.
Vor ca. zwei Jahren hatten wir vermehrt mit einer Entzündung in Queens Ellbogen zu kämpfen. Irgendwie kam sie immer wieder zurück und Queen trabte unrund. Da ich die Probleme gern auf einem natürlichen Weg angehe, habe ich beschlossen, eine Blutegeltherapie auszuprobieren.
Schnell wurde ich im Internet fündig. Ganz bei uns in der Nähe gab es eine Tierärztin, die auch als Tierheilpraktikerin arbeitet und die unter anderem Blutegeltherapie anbietet: Dr. vet. med. (hr) Stella Schulte.
Ich muss zugeben, dass ich ganz schön nervös gewesen bin. Tierärzte jagen mir in der Regel eine riesen Angst ein. Doch als die Tür aufging, wurde ich mehr als nur freundlich empfangen. Püppi durfte ebenfalls mitkommen und wir fühlten uns direkt wohl bei Frau Dr. Schulte — selbst Queen und das will wirklich etwas heißen.
Sie legte sich direkt auf die Matte und Frau Dr. Schulte erklärte uns alles rund um die Blutegeltherapie.
Die Blutegel werden immer direkt an der betroffenen Stelle angesetzt. Das ist bei Queen der linke Ellbogen. Ich hatte überhaupt keine Erfahrungen mit Blutegeln, sodass ich Frau Dr. Schulte fragte, ob die “Liegestelle” an Queens Ellbogen ein Problem für die Blutegel seien. Sie verneinte meine Frage, erklärte mir jedoch, dass es sich keinesfalls um eine sogenannte Liegestelle handeln würde, aber dazu später mehr.
Erst einmal zu den eigentlichen Helden dieses Artikels: den Blutegeln
Auch in der Humanmedizin ist die Blutegeltherpie eine traditionelle und anerkannte Therapieform. Mittlerweile wird die Blutegeltherapie zunehmend auch für Behandlungen von Tieren eingesetzt.
Medizinische Blutegel verfügen in ihrem Speichel über eine Reihe von wirksamen Substanzen, die während des Saugvorganges in die Bisswunde abgegeben werden. Man kann sich die Blutegel als eine Art biologische Apotheke mit Wirkstoffen vorstellen, die auch in der Schulmedizin zum Einsatz kommen. Die Wirkstoffkombination des Blutegels ist einzigartig.
Mittlerweile konnte dank moderner Analysemethoden festgestellt werden, dass Blutegel als Fertigarzneimittel eingestuft werden können. Sie unterliegen daher den gleichen Anforderungen an Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit, die an alle zulassungspflichtige Arzneimittel gestellt werden. Die Wirkstoffe des Blutegels fördern unter anderem durch Gerinnungshemmung die lokale Blutzirkulation im Bereich der Ansatzstelle und helfen insbesondere bei schmerzhaften Entzündungen. Chronische Erkrankungen können aufgrund der stark verbessserten Stoffwechselsituation durch die Blutegeltherapie postiv beeinflusst werden und es entstehen neue Chancen auf Linderung und Heilung.
Blutegel können bei folgenden Kleintiererkrankungen helfen:
- Arthritis / Arthorse
- Gelenkfehlbildung wie HD und ED
- Erkrankungen des Bänder- und Sehnenapparates
- Wirbelsäulenerkrankungen wie Spondylose
- Neuritiden
- Lumbago
- Myogelosen
- Ekzeme
- Abzesse
- Mastitis
- Wundheilstörungen
- Narbenproblematik
- Hämatome
- Venenerkrankungen
- Lymphangitis
- Zahn- und Kiefererkrankungen
Was passiert bei einer Behandlung mit Blutegeln?
In der Regel dauert die Behandlung zwischen 60 und 90 Minuten. Abhängig von der jeweiligen Indikation ist oft schon eine einmalige Anwendung ausreichend.
Der Blutegel wird an die betroffene Stelle gehalten. Hierbei sieht man, wie er suchend über die Stelle gleitet bis er sich schließlich festsaugt und mit seinen Kalkzähnen vorsichtig in die Haut beißt. Dieser Vorgang ist weitgehend schmerzfrei. Man geht davon aus, dass der Blutegel schmerzlindernde Stofffe abgibt. Im weiteren Verlauf von ca. 15 bis 90 Minuten saugt der Blutegel die Wirkstoffe in das Gewebe ein und fällt schließlich von alleine ab. Durch den Wirkstoff Calin wird die Bisswunde offen gehalten und blutet bis zu 12 Stunden nach.
Der heilende Effekt kann unmittelbar nach der Behandlung eintreten, kann aber auch erst 14 Tage nach der Behandlung auftreten. Bei chonrischen Erkrankungen muss die Behandlung in der Regel nach 14 Tagen wiederholt werden. Oft hält der Effekt monatelang an.
Queen hat ohne Probleme den Blutegelbiss akzeptiert. Sie hat lediglich kurz gezuckt, ist aber ruhig liegen geblieben. Einige Experten gehen davon aus, dass die Tiere die heilsame Wirkung der Blutegel in ihrem Instinkt fest verankert haben, sodass sie daher keine Abwehrreaktionen zeigen würden. Viele Tiere schlafen sogar ein.
Bei Queen fielen die drei Blutegel (pro 10 kg Körpergewicht ein Blutegel) nach ca. 20 Minuten ab. Sie blutete noch ca. eine Viertelstunde nach. Danach war das Blut geronnen und die Wunde trocken. Frau Dr. Schulte legte ihr einen Verband an, damit wir sauber nach Hause fahren konnten. Zuhause angekommen konnte ich den Verband direkt entfernen. Sie blutete nicht mehr nach. Wenn man Verunreinigungen ausschließen kann, kann die Wunde offen bleiben.
Ich muss zugeben, dass ich die kleinen Tierchen nicht unbedingt kuscheln möchte. Und beim ersten Anblick live und in Farbe dachte ich nur “Igitt”. Mittlerweile bin ich absolut überzeugt von der heilenden Wirkung und habe großen Respekt entwickelt. Ein “Iiiihhh” ist völlig deplatziert.
Bevor ich auf die Wirkung bei Queen eingehe, möchte ich euch erzählen, was es mit der “Liegestelle” auf sich hat.
Die von mir als Liegestelle interpretierte Kruste hat einen Hintergrund, den ich im Leben nicht erwartet hätte.
Hierzu ein kurzes Ausflug in die traditionelle chinesische Medizin:
“Obwohl sich in unserem Kreislaufsystem immer Blut, Lymphe und Flüssigkeiten durch den Körper bewegt, gibt es bestimmte Zeiten, während der die verschiedenen Organe besonders gut funktionieren. Diese Funktion wird außerdem von einer Lebenskraft beeinflusst, die von dem physikalischen, dem spirituellen und dem emotionellen Körper ausströmt. Die Chinesen nennen diese Kraft das »Qi« (wird wie »Tschi« ausgesprochen). Das Qi irigiert und koordiniert den Fluss der Energien und stellt die Hauptstütze unserer Lebenskraft dar. Jedes Individuum erbt Qi von seinen Ahnen. Dieses ererbte Qi wird von der Umwelt unterstützt. Qi kann man weder anfassen noch sehen. Es ist aber an allen Funktionen unseres Körpers beteiligt. (…) Die ersten Karten über die Bewegung des Qi im Körper sind tausende von Jahren alt. Wir denken gar nicht mehr über die stetige Funktion unseres Kreislaufs nach. Die Ärzte des antiken China fanden bestimmte Perioden des Tages, in denen sich der Energiefluss auf bestimmte Bereiche des Körpers konzentriert. Diese Konzentration folgt den Verbindungen, die die Organsysteme zueinander haben. Aus diesen Erkenntnissen haben sich die zirkadiane Uhr, oder spezielle Tagesuhr, und das Meridiansystem entwickelt.
Zirkadiane Uhr des Körpers:
- 3–5 Uhr Lunge
- 5–7 Uhr Dickdarm
- 7–9 Uhr Magen
- 9–11 Uhr Milz/Pankreas
- 11 -13 Uhr Herz
- 13 -15 Uhr Dünndarm
- 15 -17 Uhr Blase
- 17 -19 Uhr Niere
- 19–21 Uhr Perikard
- 21 -23 Uhr Dreifacher Erwärmer
- 23–1 Uhr Gallenblase
- 1 -3 Uhr Leber
Die Meridiane
(…) Um eine Behandlung mit Akupunktur oder Akupressur durchführen zu können, ist ein Verständnis der Meridiane unumgänglich. Sie stellen den Zugang zum Körper dar. (…) Ein Meridian kann als Kanal gesehen werden, in dem Energie unter der Haut zirkuliert. Jeder Meridian verläuft in der Nähe von Blut- und Lymphgefäßen und Nervenbahnen. Alle Meridiane zusammen formen ein Netzwerk, das alle Teile des Körpers umspannt. Qj fließt innerhalb dieser Leitbahnen oder Meridiane und hilft, Blut und andere Körperflüssigkeiten zu verteilen. Aus der Sicht der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) werden wir so am Leben erhalten. Jede der Leitbahnen hat Einfahrten und Ausfahrten, die an der Hautoberfläche liegen. Diese speziellen Punkte sind nur circa 0,1 bis 0,5 cm groß. Sie fallen aber durch eine stark erhöhte elektrische Leitfähigkeit auf, wenn man sie mit der umgebenden Haut vergleicht. Sie weisen alle eine höhere Konzentration an Nervenendungen und Blutgefäßen auf.
Diese sehr empfindlichen Hautareale werden Akupunkturpunkte genannt.
Durch Verbindung der einzelnen Akupunkturpunkte auf dem Körper kann man den Verlauf aller zwölf Meridiane erkennen. Wenn man die Meridiane als Starkstromleitungen betrachtet, sind die Akupunktur-Punkte die Schalter, mit denen Strom an- und ausgeschaltet werden kann.
Da jeder Meridian mit einem Organ verbunden ist, stellen die Akupunkturpunkte eine Möglichkeit dar, über die Haut innere Organe zu erreichen.
Stell dir mal vor, dein Hund hat eine offene Stelle am Bein. Ein nach TCM arbeitender Tierarzt würde sofort darüber nachdenken,
welcher Meridian an genau dieser Stelle verläuft. Läge die offene Stelle nun z.B. außen am Oberschenkel in der Nähe der Hüfte, müsste der
Gallenblasen-Meridian mit untersucht werden. Nachdem die Wunde behandelt wurde, sollte man sich Gedanken über die innere Ursache der
Veränderung machen und den entsprechenden Meridian betrachten.
Das Problem kann entweder vom Organ ausgehen, mit dem der Meridian verbunden ist, oder durch eine lokale Störung auf der Energieleitbahn selbst hervorgerufen worden sein. (…) Wenn es in der Gegend um die Hüfte herum zu einer Blockade kommt, staut sich die Energie auf dem Meridian, der zur Hüfte hin führt. Hinter der Blockade kann es auf demselben Meridian zu einer Energieleere kommen. Dadurch können Rückenschmerzen, steifer Gang, Schwäche in den Hinterläufen usw. ausgelöst werden. Wenn wir dem Energiefluss, der zirkadianen Uhr entsprechend, den Meridianen entlang folgen, wird klar, dass die Meridiane untereinander verbunden sind. Durch diese Verbindungen entsteht ein Netzwerk, das alle Teile des Körpers erreicht. Da jeder Meridian mit einem Organ verbunden ist, stehen auch alle Organe miteinander in Verbindung und nehmen an dem Energiekreislauf teil. Ein gleichmäßiges und ungestörtes Fließen der Energie ist die Voraussetzung für ein Gleichgewicht und somit für Gesundheit.
Für viele von euch wird das hier absolut neu sein und auch ich habe mich bei Frau Dr. Schulte das erste Mal bewusst mit diesem Thema auseinandergesetzt. Und während wir das alles erlernen müssen, können unsere Hunde das schon. Sie haben es tief in sich und spüren es bewusst. Sie nehmen durch gezielten Druck Einfluss auf diese Stellen, um so ein Wohlbefinden auslösen zu können.
So auch Queen. Ihre “Liegestelle” liegt genau auf dem Punkt des Dünndarm — Meridian. Frau Dr. Schulte erkannte bereits nach wenigen Sekunden, dass hier ein Problem liegt. Ich dachte immer, dass Queen gut und gesund ernährt würde und habe daher nie über solch konplexe Dinge nachgedacht.
Frau Dr. Schulte war sich sicher, dass der Dünndarm von Queen im Ungleichgewicht sei und empfohl eine Darmsanierungskur. Diese zogen Queen und Püppi (wenn schon, denn schon) gemeinsam durch. Anschließend bekam sie ein anderes Futter und wurde immer morgens zwischen 7 und 9 Uhr gefüttert, zur “Zeit des Magens”.
Bereits nach wenigen Tagen spürte man eine Veränderung. Sie fühlte sich deutlich wohler, lag oft auf dem Rücken ihrem Korb. Der Kot war endlich wieder richtig fest. Ihr Fell wird täglich weicher und glänzt. Auch an dem rechten Ellbogen hatte sie diese Stelle. Die auf der rechten Seite ist schon nahezu zurückgebildet. Die auf der linken Seite sieht auch schon wesentlich besser aus, ist allerdings aufgrund der dort angesetzten Blutegel noch nicht so schön wie die andere Seite.
Zurück zu den Blutegeln
Der “große Effekt” blieb zunächst aus. Ich habe mir deshalb wenig Gedanken gemacht, weil man immer wieder überall hört, dass die Behandlung bei chronischen Erkrankungen nach zwei bis drei Wochen wiederholt werden müsste. Das haben wir dann auch so gemacht.
Der Effekt kam schleichend.
Zunächst fiel mir auf, dass sie nicht mehr so “tapsig” lief. Sie lief, als wäre sie plötzlich 10 kg leichter. Unsere Runden wurden wieder länger. Sie trabt immer häufiger und wieder rund. Ihre aktuelle Situation entspricht der, als hätte sie mehrere Tage das vom Tierarzt empfohlene Schmerzmittel bekommen. Das Gelenk ist nicht mehr warm und sie läuft im Freilauf wieder vor mir statt neben mir. Ihre Ohren sind stets gespitzt und sie ist aufmerksamer. Aber es gibt noch einen guten Indikator dafür, dass es Queen nun besser geht: Sie spielt wieder die Dorfpolizistin 😀
Täglich konnte ich kleine Veränderungen feststellen. Mitterweile wiederholen wir die Blutegeltherapie alle 6 bis 8 Monate, da dies bei chronischen Erkrankungen empfohlen wird. Seitdem hatten wir keinerlei Probleme mehr mit Gelenkenzündungen oder Vergleichbarem und Queen geht es wirklich gut. Ich bin absolut überzeugt von der Wirkung der Blutegel und kann nur empfehlen, es einfach mal auszuprobieren.
Das waren ganz schön viele Informationen, oder? Dann könnt ihr euch vielleicht vorstellen wie beeindruckt ich gewesen bin, als ich das erste Mal bei Frau Dr. Schulte gewesen bin. In den zwei Stunden habe ich so viel gelernt und ich bin absolut beeindruckt von ihr.
Quelle:
DGTHA (Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Therapien mit Hirudineen und ihres Artenschutes e. V.)
„Traditionelle Chinesische Medizin fün Hunde und Katzen“, Narayana Verlag
So nun kommen die Bilder von unserer Blutegeltherapie. Wer kein Blut sehen kann, der kann hier aussteigen 🙂







Ganz erlich gesagt habe ich mich sehr stark gewundert das in der heutigen Zeit überhaupt noch Bluteckeln eingesetzt werden. Das ganze finde ich ein wenig ecklich, aber wie man an ihrem Hund sehen kann hat ihm die Behandlung mit den kleinen Tierchen geholfen.
Vielen Dank für diesen guten Text.
Da ist wirklich nicht ekelig 😊 man nennt die Tierchen Blutegel, nicht Bluteckel 😊