Aus datenschutzrechtlichen Gründen im Sinne des DSGVO und aus Respekt vor den Persönlichkeitsrechten der Hunde sind ihre Namen im folgenden Artikel verändert worden. Fly heißt im echten Leben also gar nicht Fly und Joshi hat in der realen Welt auch einen anderen Namen. Also wisst ihr Bescheid *Ironie aus*
Samstag 8.20 Uhr “Pferdewiesen”
Eine Dame läuft mit ihrem Border Collie die Feldwege zwischen den Pferdewiesen entlang. Wir kommen dem Duo entgegen und ich rufe Queen und Püppi zu mir. Sie laufen links neben mir an den beiden vorbei. Queen direkt neben mir, Püppi leicht schräg neben Queen. Fly hat das Kommando “Sitz” bekommen. Er soll neben seinem Frauchen sitzen bleiben bis wir an ihnen vorbei gelaufen sind. Doch Fly legt sich hin. Das Frauchen direkt schon etwas energischer “Flaaaaaaaiii, Sitz”. Fly ist schwer damit beschäftigt uns zu beobachten, bleibt jedoch ruhig liegen und macht auch nicht den Eindruck, als würde er gleich aufspringen wollen. Die Dame zögert nicht lange, packt Fly am Halsband und zieht ihn mit aller Kraft nach oben “ins Sitz”. Ich schaue erstaunt rüber. “Sitz ist Sitz” rechtfertigt sich die Dame und hält weiter das Halsband fest, während Flys Hals dem einer Giraffe ähnelt.
Mittwoch 18.45 Uhr “Unser Viertel”
Joshi geht mit seinem Herrchen durchs Viertel spazieren. Joshi trägt keine Leine. Bevor er eine Straße überquert, soll er sich hinsetzen. Das macht Joshi auch, doch seinem Besitzer scheint der Abstand zum Bürgersteig nicht groß genug zu sein. Prüfend schaut er Joshi an und beginnt die Diskussion “Joshi, du weißt doch, dass du nicht so nah an die Straße heran sollst. Joshi, kommt mal lieber ein Stück zurück.” Man sieht wie es in dem kleinen Kopf arbeitet. “Joshi, nun komm doch mal ein Stück zurück.” Joshi steht auf. “Na komm. Hier musst du dich hinsetzen.” Das Herrchen zeigt 20 cm von Joshis vorheriger Position entfernt auf den Boden. “Hierhin und sitz”. Joshi macht zwei Schritte und schaut sein Herrchen fragend an. “Na komm schon. Was soll das denn? Nun setz dich endlich hin, damit wir weitergehen können.” Joshi macht Sitz.
Kann man es nicht noch komplizierter gestalten? Kann man sich das Leben unnötig noch schwerer machen?
Beide Hunde haben sich eigentlich bestens verhalten. Fly hat entspannt gewartet und Joshi hat sich ohne Aufforderung am Straßenrand hingesetzt. Natürlich sollte ein Hund “Sitz” und “Platz” unterscheiden können, doch ich bin mittlerweile dazu übergegangen, mir die Welt nicht unnötig schwer zu machen.
Wenn ich Queen und Püppi zu mir rufe, weil wir jemanden vorbei lassen möchten, dann ergänze ich das Herbeirufen lediglich durch ein “Warte”. Ob sie nun stehen bleiben, sich legen oder setzen ist mir solange egal, wie ich mich darauf verlassen kann, dass sie bei mir bleiben. Gerade Püppi ist es oft super unangenehm, sich auf einen nassen Untergrund zu setzen oder zu legen, daher erspare ich mir das Diskutieren und dem Hund die unangenehme Situation.
Und Joshi. Muss man sich diesen Stress antun? An Straßen, an denen Autos fahren, gehört ein Hund an die Leine. Und wenn man der Meinung ist, dass man ein Risiko eingehen muss, kommt es dann auf 20 cm an?
Was ich sagen will: Können wir nicht einfach mal fünfe grade sein lassen? Ein Hund ist kein Roboter. Ein Hund ist ein Lebewesen mit eigenen Interessen, Wünschen und Ansprüchen. Muss man sich und seinen Hund einem solchen Stress und Druck nach Perfektion aussetzen?
Mittlerweile sehe ich vieles sehr gelassen. An der Straße leine ich Queen und Püppi an. Ich habe nicht nur Angst, dass etwas passieren könnte, sondern ich habe auch schlicht keine Lust, alle paar Meter nach einem Auto oder Fahrrad Ausschau halten zu müssen. Wie ein Blaulicht müsste ich mich abwechselnd nach Queen und Püppi sowie nach herankommenden Menschen, Autos oder sonst wem umsehen. Das stresst mich und was mich stresst, stresst auch meine Hunde.
Sind Queen und Püppi in den Feldern oder im Wald “offline” unterwegs, dann ist mir nur wichtig, dass sie sich an mir orientieren. Kommt ein Rad, ein Reiter, ein anderer Hund oder Jogger, dann möchte ich, dass sie zu mir kommen. Ob sie nun direkt an meinem Bein kleben oder leicht schräg hinter mir laufen ist mir solange egal, wie ich mich auf die Zwei verlassen kann. Ich muss zugeben, dass ich mich oft gefragt habe, ob Hunde das so differenziert betrachten können oder ob sie klare Kommandos mit deutlicher Struktur erlernen müssen. Doch meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Hunde sehr wohl lernen können, dass “warte” bedeuten kann, einfach nur bei mir zu bleiben oder ein “komm rüber” bedeuten kann, dass sie sich ganz nah bei mir aufhalten sollen. Unsere Hunde sind viel schlauer als wir denken. Wir müssen nur etwas mehr Vertrauen haben.
Und was ich unbedingt mal los werden möchte — ganz allgemein und genau auf die oben beschriebenen Situationen bezogen: Wir haben nur so wenig Zeit mit unseren Fellnasen. Wollen wir bis zur Perfektion trainieren und uns um Kleinigkeit stören? Oder wollen wir auch mal ein Auge zudrücken, die Ansprüche herunterschrauben und Hund einfach mal Hund sein lassen? Unsere Hunde sind keine Roboter, keine Sportgeräte und keine Statusympbole. Es ist doch viel schöner gemeinsam entspannt die Welt zu entdecken, statt auf cm zu schauen und auf Kleinigkeiten zu bestehen.
Die Zeit, die uns mit unseren Vierbeinern geschenkt wird, sollten wir mit einem Lächeln füllen und nicht mit einem Stirnrunzeln bezüglich exakter Fußstellung. Das mag jetzt vielleicht so klingen als würden Queen und Püppi einfach so durchs Leben stolpern. Doch das ist nicht so. Beide haben eine solide Grunderziehung bekommen, doch ohne Druck und vor allem ohne Streben nach Perfektion. Unsere Hunde sind keine Maschinen. Also genießt die Zeit mit euren Lieben und schaut einfach mal durch ihre Augen. Da können wir so viel lernen <3
Dem kann ich nur zustimmen. Anfangs war ich gerade mit Leona deutlich strenger, aber sie hat mir gezeigt, dass sie nicht bereit ist sich ins nasse Gras zu setzen, oder auf Steinchen zu liegen. Ich hätte sie nur mit Gewalt dazu gebracht und da habe ich mich gefragt, ob es mir das wert ist. Nein ist es nicht. Solange das erfüllt ist, was ich eigentlich will, nämlich, dass sie bei mir bleiben, ist es doch egal wie.
Liebe Grüße
Miriam
Ja auch Tiere haben ein gewisses Persönlichkeitsrecht und sollten nicht gezwungen werden etwas zu tun was sie nicht wollen. Da muss ich dir auch zustimmen…