Jeder Mann weiß, wenn eine Frau sagt “Nein, es ist nichts”, dann sollte man die Beine in die Hand nehmen und rennen. Alle Eltern wissen genau, dass die Beurteilung eines Lehrers “er hat sich stets bemüht” lediglich bedeutet, dass dessen Leistungen nicht den Anforderungen entsprechen. Doch was meint eigentlich ein Hundebesitzer, wenn der Hund “nur mal Hallo” sagen möchte? Und was genau möchte mir mein Gegenüber sagen, wenn sein Hund ein “der tut nix” ist?

Wir alle haben schon einmal erlebt, dass ein unangeleinter Hund auf uns zu gerannt kam. Es gibt sicherlich Hunde, die damit kein Problem haben. Doch es gibt auch zahlreiche Vierbeiner, die das überhaupt nicht witzig finden und sowohl Queen als auch Püppi gehören zu der zweiten Gruppe. Normalerweise kann sich jeder halbwegs informierte Hundebesitzer denken, dass man einen Hund nicht einfach in ein anderes Rudel rennen lässt, doch meine Erfahrungen zeigen, dass die Unwissenheit viel verbreiteter ist als man denkt und so begegnen einem die absurdesten Ausreden und Erklärungen.
“Der will nur mal Hallo sagen”
Kommt mir ein unbekannter Hund entgegen, leine ich grundsätzlich an oder weiche so weit aus, dass selbst der sorgloseste Ahnungslose verstehen sollte, dass ich keinen Kontakt zwischen den Hunden erwünsche. Nicht selten sind die Zweibeiner mit ihrem Smartphone beschäftigt, in eine Unterhaltung vertieft oder — um es einfach mal direkt zu sagen — checken es einfach nicht. Und so kommt der fremde Hund näher und näher. “Würden Sie Ihren Hund kurz zu sich rufen?” frage ich dann höflich und dann kommt er. Der Satz, mit dem sich ein Hundebesitzer direkt in die Schublade mit der Aufschrift “ahnungslos” katapultiert: “Der will nur mal Hallo sagen.” Und genau das bedeutet eigentlich nichts anderes als “Mein Hund ist nicht abrufbar und egal, was ich jetzt rufe, der kommt nicht zu mir zurück.” Halten wir mal direkt fest: wenn ein Hund nicht abrufbar ist, gehört er an die Leine. Punkt. Es gibt zahlreiche Hilfsmittel wie Schleppleinen, mit denen man den Rückruf trainieren kann. Doch solange das nicht sitzt, bleibt der Karabiner dran. Wieso das so schwer ist, werde ich wohl nie verstehen. Doch das Problem wurzelt ja schon darin, dass Herr oder Frau Sorglos die Notwendigkeit eines sicheren Rückrufs gar nicht erst kennen, was vielleicht auch den fragenden Blick erklären könnte.

“Der tut nichts”
Als Option zum angeblich so begrüßungsfreudigen Hund gibt es noch die Möglichkeit, dass wir es mit einem “der tut nix” zu tun haben. Dass ich dieser Haltung mit einer gewissen Portion Ironie begegne, zeigt schon unser Blogname. Diese Sorte ist auch meist gekoppelt mit einem “der will nur spielen”. Ich hab ihn schon vor meinem geistigen Auge, doch möchte hier keine bestimmten Rassen diskriminieren und lasse eurer Phantasie hier freien Lauf. Was bedeutet es also eigentlich, wenn ein “der tut nichts” auf einen zu gelaufen kommt? Ich übersetze: “Mein Hund ist so was von distanzlos, unhöflich und schlecht sozialisiert, dass der gleich deine Hunde und dich bedrängen, anspringen und belästigen wird.”
Und wenn es dann dazu kommt, dass er wild und unkontrolliert herumspringt, an Queen hochspringt und Püppis Hintern verfolgt, als sei in seiner Nase ein Magnet, dann gibt es Zweibeiner, die folgenden Joker auspacken. “Komm schnell her. Frauchen hat ein Leckerli.” Auch das möchte ich natürlich übersetzen, denn es bedeutet so viel wie “Mir ist die Situation gerade ultra peinlich, weil ich null Einfluss auf meinen distanzlosen Hund habe und ich will einfach nur weg.”

“Das hat der ja noch nie gemacht.”
Nicht selten gerate auch ich in den Fokus und obwohl in solch einem Moment wirklich alles tue, damit mich der “der tut nix” nicht spannend findet, werde ich angesprungen, es wird an meinen Handschuhen gezerrt, um mich herum gelaufen und noch mal von hinten angesprungen. Mein leicht vorwurfsvoller Blick in Richtung des Hundebesitzers wird meist mit einem “Das hat der ja noch nie gemacht” beantwortet. Aber klar doch. Dass dein unerzogener, distanz- und respektloser Hund fremde Menschen belästigt, ist hier sicherlich gerade das aller erste Mal gewesen, daher übersetze ich mal: “Ich hab leider absolut keine Konsequenz, weiß überhaupt nicht wie ich dem Hund gerecht werden soll und habe noch nie eine Hundeschule von innen gesehen.”
Es gibt durchaus Begegnungen, die ich unkommentiert stehen lasse. Es gibt Momente, in denen ich weiß, dass meine Worte überhaupt nicht ankommen würden oder ich ahne, dass ich meine Beherrschung verlieren könnte. Doch es gibt Situationen — gerade, wenn sie nicht die ersten sind — da rutscht mir schon einmal ein “Wenn ihr Hund nicht abrufbar ist, dann lassen sie ihn doch angeleint” heraus. Es gibt Menschen, die lassen mich einfach stehen oder reden sich mit einem “kann ja mal passieren raus”. Ja natürlich kann das mal passieren, aber dann entschuldigt man sich und versucht schnellst möglichst seinen Hund einzufangen. Ich nehme mir ehrlich gesagt auch so viel raus, dass ich Menschen, denen das einfach egal ist von Menschen, die mit ihrem Hund trainieren, unterscheiden kann, aber ich schweife ab…

Oft hört man als Rechtfertigung in einem solchen Moment den Satz:
“Ich habe schon immer Hunde gehabt. Ich weiß, was ich tue.”
Die liebe ich ganz besonders 🙂 Das bedeutet nämlich so viel wie: Ich hab absolut keine Ahnung wie mein Hund tickt, kenne mich mit der Körpersprache nicht aus und habe auch null Interesse meinen Horizont zu erweitern. Warum ich diese Gruppe so liebe? Weil meist der Satz aller Sätze hinterher kommt. Der König unter den Ausreden und das stärkste Zeichen für die absolute Ahnungslosigkeit und — ach komm, ich hau es raus — Dummheit:
“Ich weiß gar nicht wo ihr Problem ist? Die regeln das schon unter sich.”
Ja, klar regeln Hunde das unter sich. Die Frage ist bloß, ob nur einer oder beide zum Tierarzt müssen. Hundebesitzer, die ernsthaft immer noch glauben, dass Hunde alles unter sich regeln, schießen für mich den Vogel ab. Dieser Irrtum ist so gefährlich und da kann ich auch nicht mehr ruhig bei bleiben. Auf eine solche Aussage folgt ein Vortrag meinerseits und glaubt mir, da fehlt wirklich nur noch die Powerpoint Präsentation. Ein Handout wäre vielleicht auch eine Option, dieser Ahnungslosigkeit begegnen zu können. Ich habe absolut keine Idee, wie man derart engstirnig immer noch dieser veralteten Theorie glauben kann oder ist es vielleicht nur eine Gelegenheit sich hinter den gemachten Erziehungsfehlern zu verstecken?

Sicher ist dieser Artikel geprägt von einer Portion Ironie und Sarkasmus. Und natürlich kann man all das mit Humor nehmen und allein hierzu dient dieser Artikel auch, denn ich weiß, dass all die Menschen, die sich das zu Herzen nehmen sollten, diesen Artikel gar nicht lesen werden. Und dennoch möchte ich zum Abschluss ein paar ernste Worte äußern:
In dem Moment, in dem wir einen Hund in unser Leben holen, tragen wir die Verantwortung für ihn. Wir sind es ihm also schuldig, seine Körpersprache deuten zu können, ihn zu verstehen und artgerecht zu behandeln. Wir tragen aber auch eine Verantwortung unseren Mitmenschen gegenüber, denn als Hundehalter haften wir grundsätzlich für alles, was unser Hund verursacht. Sei es eine durch die Pfoten meines Hundes verschmutze Hose, die wir zu reinigen haben. Sei es ein Hund, der durch unseren verletzt wurde oder ein Radfahrer, der durch unseren Hund gestürzt ist. Aber nicht nur das: wir sollten uns grundsätzlich — und zwar immer und überall — so verhalten, dass sich niemand durch uns und unseren Hund gestört fühlt. Niemand soll sich bedrängt fühlen, Angst bekommen oder sich ärgern müssen. Und niemand sollte in seinem Training gestört oder zurück geworfen werden, weil ein ahnungsloser Hundebesitzer seinen Hund einfach zu anderen rennen lässt. Gebt anderen Raum und Privatsphäre und tretet nur nach Absprache dort hinein. Man kann frage, ob die Hunde sich begrüßen dürfen. Man kann auch rufen, dass man im Training ist und es vielleicht nicht klappt und man kann sich verdammt noch mal dafür entschuldigen, wenn man sich falsch verhalten hat. Gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt tun gar nicht weh und für unsere Sorglosigkeit und Ahnungslosigkeit müssen am Ende des Tages unsere Hunde den Preis zahlen und das geht nun wirklich nicht.