Wie ihr sicher schon gemerkt habt, schreibe ich eher selten Artikel rund um das Thema Hundeerziehung. Und eigentlich hätte ich auch diesen Artikel nicht geschrieben, wenn ich nicht so oft gefragt worden wäre, wie ich mit Queen und Püppi die Leinenführigkeit und den Rückruf trainiert habe. Ich bin keine Hundetrainierin und meine Ansichten beruhen allein auf meinen Erfahrungen und meinem Bauchgefühl. Daher kann ich zum Thema Erziehung kein Fachwissen weitergeben, sondern lediglich erzählen, was mein Bauchgefühl mir gesagt hat. Da mich mein Bauchgefühl allerdings zu zwei leinenführigen Hunden, die beide sehr gut abrufbar sind, geführt hat, werde ich meine Erfahrungen und Ansichten heute mit euch teilen.
Das klassische Leinenführigkeitstraining
Ich muss zugeben, Leinenführigkeit ist für mich ein total negativ behafteter Begriff. Eigentlich Quatsch, aber ich verbinde ihn mit diesem typischen Trainingstips. “Wenn dein Hund an der Leine zieht, dann bleibt stehen” oder besser noch “… wechsle die Richtung.” Training muss in meinen Augen IMMER und das meine ich wirklich so, Spaß machen. Uneingeschränkt. Denn wenn der Mensch keine Lust auf das Training hat, dann überträgt sich das auf den Hund und dann kann man es auch gleich lassen. Und ganz ehrlich: auf hundert Richtungswechsel und fünfzig Stop and Goes habe ich keine Lust. Ich finde das — sorry schon einmal vorab an alle Hundetrainer — auch irgendwie lebensfremd und in meinen Augen nur eine “Behandlung der Symptome” aber nicht der Ursache.
Eine gute Bindung als Basis
Leinenführigkeit gehört genau wie zum Beispiel der Rückruf zur Grunderziehung. Die Grunderziehung wird oft als Basis bezeichnet. Das kann man machen und ist sicher nicht falsch. Ich hingegen würde etwas anderes als Basis bezeichnen, um alles aus einem anderen Blickwinkel betrachten zu können. Die Basis ist für mich eine gesunde Bindung zwischen Mensch und Hund. Die Bindung ist der Schlüssel. Die verschiedenen Elemente im Rahmen der Erziehung sind wie Säulen, die auf der Basis “gesunde Bindung” aufgebaut werden. Ohne eine solide Bindung als Fundament können die verschiedenen Säulen nicht halten.
Eine gute Bindung entsteht, wenn alles passt. Der Hund muss sich wohl fühlen und seinem Menschen vertrauen. Man muss also in den entscheidenden Momenten die Zügel in die Hand nehmen, sodass der Hund lernt, sich auf uns verlassen zu können. Das sind zum Beispiel die Momente, in denen fremde Hund auf deinen Hund zustürmen und er sich damit nicht wohl fühlt. Dann schirmen wir ab und kümmern uns darum, damit er sich nicht unwohl fühlen muss. Das sind entscheidene Momente, um eine gute Bindung aufzubauen. Artgerechte Beschäftigung und gemeinsames Spielen trägt ebenso ganz entscheidend zu einer Bindung bei. Ich habe von Anfang an versucht, für Queen und Püppi in jedem Fall spannender zu sein als die Umwelt. Sei es durch kleine Spieleinheiten, durch gemeinsames Toben oder durch plötzliches Fliegen von Leckerlis ins hohe Gras. Ich versuche für meine Hunde zu einem interessanten Partner zu werden. Das ist mir scheinbar auch gar nicht so schlecht gelungen, denn Queen und Püppi würden beide zum Beispiel nie zu einem anderen Hund hinlaufen. Ich brauche hierzu auch gar nichts zu sagen und wir haben das auch nicht einzeln trainiert. Kommen uns Fußgänger, Radfahrer oder Jogger entgegen, schauen beide zu mir, werden langsamer und weichen an den Rand aus. Kommen andere Hund, kommen beide zu mir und gehen hinter mir weiter. Ohne, dass ich sie auffordern muss. Dass sie bei einem entgegenkommenden Hund hinter mir laufen, habe ich ihnen nicht bewusst beigebracht. Dafür hat Queen sich entschieden und Püppi hat es ihr nachgemacht.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die eine gute Bindung zu ihren Menschen haben und sich im Alltag deutlich an ihren Menschen orientieren, von Haus aus öfter leinenführig sind. Das lässt sich auch bei Queen super beobachten. Ich bin zwar spannend, aber nicht so spannend wie der See. Wenn wir kurz vor dem Ufer sind, dann zieht sie an der Leine. Dann will sie dort hin. Unabhängig davon, ob ich ihr eine Alternative wie zum Beispiel ihren Ball anbiete. Das Wasser würde sie in jedem Fall vorziehen. In diesem Moment bin ich also nicht so spannend wie das Wasser und sie zieht. Normalerweise laufen die beiden neben mir. Schauen ab und an zu mir hoch, ich ab und zu zu ihnen herunter. Doch auch Queen und Püppi ziehen manchmal an der Leine. Bei Queen ist es das Wasser, bei Püppi sind es ihre Freunde, bei denen sie mich kurz ausblendet.
Unser Alltag
Ich benutze in der Regel kurze Leinen. Gerade mal 1m oder 1,2m lang. Ich möchte, dass die beiden neben mir laufen und nicht vor mir. Ich möchte mit ihnen zusammen gehen und nicht hinter ihnen her. Beide haben gelernt, dass sich das lohnt. Zwischendurch spreche ich sie an und hole mir ihre Aufmerksamkeit. Manchmal gibt es auch einfach so und für sie unerwartet ein Leckerli. Einfach nur um ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass es sich lohnt, bei mir zu laufen. Ich belohne ganz bewusst nicht den Moment, in dem sie mich ansehen, weil ich möchte ihnen nicht das Gefühl geben, dass ich ein Futterautomat bin, der Leckerlis fallen lässt, wenn man ihn ansieht. Da wir nur zwei Minuten bis zu den Feldern brauchen und die Leine dort auch abgemacht wird, ist die Zeitspanne, in denen sie an der kurzen Leine neben mir laufen, kurz. Für die 400 Meter finde ich solch kurze Leinen völlig ausreichend. Wenn ich weiß, dass ich sie nicht ableinen kann, dann nehme ich längere Leinen und sie haben mehr Freiraum.
Ich bin davon überzeugt, dass eine gute Bindung der Schlüssel zu allem ist. Wer sich mit seinem Hund artgerecht beschäftigt und für seinen Hund ein interessanter Partner wird, der wird viele Probleme schnell in den Griff bekommen. Wenn der Hund das Gefühl hat, dass sein Mensch spannend ist, dass es sich lohnt, in seiner Nähe zu bleiben, ist dies der erste Schritt um Probleme wie das Ziehen an der Leine, aber auch andere Probleme wie der Rückruf oder das Jagen in den Griff zu bekommen.
Ich will damit nicht sagen, dass Hunde, die an der Leine ziehen oder jagen, keine Bindung zu ihrem Menschen haben. Richtig passionierte Jäger kann man nur schlecht aus diesem Muster herausholen. Ich rede nur davon, dass eine gute Bindung der Grundstein ist und sich dadurch viele Probleme schnell lösen lassen. Größere Probleme, die ein gewisses Training erfordern, sind einfacher in den Griff zu bekommen, wenn der Hund sich ohnehin sehr gut an seinem Menschen orientiert.
Hinzu kommt in unserem Fall, dass die beiden sehr viel beschäftigt werden. Ich bin den ganzen Tag bei ihnen und wir gehen mindestens vier mal pro Tag nach draußen. Ich beschäftige mich viel mit ihnen, sowohl drinnen als auch draußen. Sie sind sehr ausgeglichen und daher von Haus aus etwas ruhiger an der Leine. Wenn ich zum Beispiel mehrere Stunden außer Haus bin und wir nach meiner Rückkehr direkt raus gehen, dann sind die beiden auch deutlich nervöser und aufgeregter, was sich natürlich auch auf die Leinenführigkeit auswirken kann.
Was ich nun eigentlich sagen wollte:
Ich bin der Meinung, dass diese typischen Leinenführigkeitseinheiten wie Richtungswechsel oder auch das klassiche Stehenbleiben, nicht die Lösung sein können. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das lediglich eine Symptombehandlung ist und keine Arbeit an der Wurzel des Problems. Leinenführigkeit ist selten ein isoliertes Thema, welches man nur für sich betrachten kann.
Daher meine Tips:
Macht euch interessant. Vermittelt eurem Hund das Gefühl, dass es sich lohnt, bei euch zu bleiben. Und ganz ehrlich: Wer die Zeit mit seinem Hund liebt, der beschäftigt sich ohnehin gerne mit ihm. Belohnt nicht jedes Hinaufschauen zu euch, denn dann werdet ihr ganz schnell zu einem Futterautomaten für den Hund. Und sowieso: Ständiger Blickkontakt ist vielleicht auf dem Hundeplatz hübsch anzusehen, aber im Alltag soll man die gemeinsame Zeit genießen und gemeinsam Abenteuer erleben. Wenn euer Hund entspannt neben euch läuft, dann ist das Thema Leinenführigkeit mehr als nur in den Griff bekommen. Ständig Anstarren und ein Laufen wie an der Schnur gezogen ist nicht notwendig und in meinen Augen völlig übertrieben. Ein Hund ist ein Lebewesen und kein Sportgerät.
Macht euch interessant. Zeigt eurem Hund, dass es sich lohnt bei euch zu laufen. Aber bettelt nicht um seine Aufmerksamkeit.
Wie habt ihr die Leinenführigkeit trainiert? Was sind eure Tips?