“Natur ist unsere Heimat. Und die unseres Hundes. Ich denke, es ist an der Zeit, nach Hause zu kommen. Unser Hund kennt den Weg — folgen wir ihm.”
Vor Kurzem erreichte mich ein Buch, welches meine Sicht auf das Zusammenleben mit einem Hund nachhaltig beeindruckt und verändert hat. Gemeint ist das Buch “Wilde Pfade — mit der Kraft der Natur zu einer neuen Mensch — Hund — Beziehung” von Raoul Weber, erschienen im KOSMOS Verlag.
In diesem Buch lädt der Tierpsychologe und Wildnispädagoge Raoul Weber dazu ein, innezuhalten und den Alltagsstress auszublenden. Statt den neusten Erziehungstrends nach zu hetzen, legt er den Fokus auf die Natur, die er mit allen Sinnen wahrzunehmen versucht. Wer die Verbindung zur Natur zurück erlangt, wird darin Inspiration finden, das Zusammenleben mit seinem Hund gelassener zu gestalten und die Verbindung mit anderen Augen zu sehen.
Montags abends Agility mit Püppi, Dienstags morgens Mantrailing mit Queen und Freitag morgens zwei Stunden DogDance mit beiden. So sahen früher unsere Wochen aus. “Ein Hund muss beschäftigt werden.” Eine Aussage, die sicher wahr ist, doch von mir — und ich denke da spreche ich für viele von uns — völlig überinterpretiert worden ist. Beschäftigung ist unabdingbar, doch was bedeutet Beschäftigung überhaupt? Wo fängt diese an und wo können wir nur noch von der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse sprechen?
Bis Püppi zu uns kam, hatte Queen keine Hundeschule und keinen Kurs von innen gesehen. Mit Püppi hingegen wollte ich einen Welpenkurs besuchen. Queen ist nicht in jeder Hundebegegnung entspannt und ich wollte, dass Püppi sich nichts abschaut, sondern eigene Erfahrungen sammelt. Von dem Welpenkurs in den Junghundekurs und von dort aus bestand nur noch die Frage “Und welchen Kurs besuchen wir jetzt?” Wir gingen zum Agility und schnell war klar, dass auch Queen “ihren eigenen Kurs” bekommen sollte. Mantraining für sie und weil es so schön ist, DogDance für beide. Ich verbrachte also 5,5 Stunden pro Woche in der Hundeschule. Das mag nicht viel erscheinen und mir geht es auch gar nicht so sehr um das wann, sondern vielmehr um das wie. Über Hürden springen, durch Tunnel rennen, sich im Kreis drehen und Handstand machen… Und jeden Abend wurden die Tricks Zuhause geübt, denn man wollte in der nächsten Woche natürlich nicht so aussehen als hätte man sich die Woche über nicht mit seinem Hund beschäftigt.
Und so vergingen einige Monate. Ich bin wirklich gern zu den Kursen gegangen, doch eigentlich mehr, um dort meine Mädels zu sehen. Meine Freundinnen Olga und Christin habe ich dort kennen gelernt und wenn die beiden nicht gewesen wären, dann wären wir wahrscheinlich nicht lange dorthin gefahren. Kurzum: die Zeit war schön, doch eigentlich habe ich mich mit dem Thema Hundesport nie so richtig anfreunden können. Wenn ich Agility — Turniere sehe, dann frage ich mich immer, wie lange die Gelenke das mitmachen sollen und ob ich meinen Hund mit 7 Jahren in Rente schicken muss? Ich könnte mit anderen Sportarten fortfahren, doch ich niemandem vor den Kopf stoßen. Jeder so wie er möchte, doch meine Welt — und das gebe ich heute gerne zu — ist es nicht.
Es hat lange gedauert, bis ich gemerkt habe, dass Queen sich mehr darüber freut, ihr Futter im Garten zu suchen als zum Mantrailing zu fahren. Lange habe ich nicht gesehen, dass Püppi eigentlich viel lieber apportiert als zum Agility zu gehen. Doch mit dieser Erkenntnis war das Thema noch lange nicht durch. “Ich kann doch nicht nichts machen. Hunde müssen beschäftigt werden.” Und so fing ich an, mit beiden Zuhause zu arbeiten. Ein paar kleine Agilitygeräte habe ich auch und trailen konnten wir auch ohne Kurs. Nach und nach löste ich mich immer mehr von den Kursstrukturen und hörte auf mein Bauchgefühl. Queen sucht ihr Futter im Garten und Püppi apportiert ihren Ball. Natürlich achte ich darauf, dass sie kein Junkie wird, doch davon ist sie weit entfernt. Immer häufiger entfernten wir uns von dem Beschäftigungswahn und ließen fünfe auch einfach mal gerade sein. Regelmäßig sind wir in neue Gebiete gefahren, in denen wir zuvor noch nicht spazieren gegangen sind. Immer häufiger haben wir die normalen Wege verlassen und sind mitten durch den Wald gestiefelt. Ich habe Leckerlis in Baumrinden versteckt, Spielzeug im Wald verbuddelt und manchmal haben wir einfach nur eine Spur verfolgt oder im Laubhaufen gebuddelt.
Doch eins blieb zurück: Die Frage, ob das genug ist? Reicht es aus, einfach nur gemeinsam durch den Wald zu streifen? Beschäftige ich meine Hunde genug, wenn wir über eine Wiese laufen, Mauselöcher inspizieren und im Laub schnuppern?
Dank des Buches “Wilde Pfade” weiß ich heute: Ja, das reicht. Das Buch hat mich genau dort abgeholt, wo ich fragend stand. Heute kann ich es genießen, mich einfach mit meinen Hunden in den Wald oder einen Moment an den See zu setzen, denn ich weiß, dass es in Ordnung ist. Ich bin keine schlechte Hundemutti, wenn ich keine Hundesportart mache. Einem Beschäftigungswahn hinterher zu rennen, den weder mich noch meine Hunde glücklich gemacht hat, macht für uns keinen Sinn. Meine Hunde sind keine Sportgeräte, die ich dazu benutze, um eine Urkunde in den Händen halten zu können. Früher hielt ich Hundesport für artgerecht. Mit meinem heutigen Verständnis von einer Mensch — Hunde — Beziehung hat das nichts mehr zu tun. Wenn man Hundesport machen möchte, dann soll man diesen als das bezeichnen, was es ist: als ein menschliches Hobby, welches man in Begleitung seines Hundes ausübt. Ein Hund braucht das nicht unbedingt.
Auch diejenigen, die nicht aus dem Hundesport kommen, werden in diesem Buch Anregungen für eine entspannte Mensch — Hund — Beziehung finden. Es zeigt einem, worauf es beim Spazieren gehen ankommt und ich verspreche, man wird das Handy das ein oder andere mal nicht nur aus der Hand lassen, sondern gar nicht mehr mitnehmen 🙂 So banal das ein oder andere vielleicht klingen mag, hat es mir dennoch geholfen wieder mehr auf mein Bauchgefühl zu hören.
Ich bin sehr dankbar für dieses Buch und werde es in Ehren halten. Ich kann es jedem nur ans Herz legen und würde mir wünschen, dass mehr Menschen eine bessere Verbindung zur Natur und daraus Inspiration für das Zusammenleben mit ihrem Hund finden würden. Sich darauf einzulassen nimmt den Alltagsstress und entschleunigt auf eine sehr beruhigende Weise. Ich kann dieses Buch daher jedem nur empfehlen und bin mir sicher, dass eure Hunde euch diesen Weg danken würden…
Zum Buch gelangt ihr hier:
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Das Buch wurde mir vom KOSMOS Verlag kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.
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oooooh das spricht mir so aus dem Herzen <3. Ich habe in den ersten 1.5 Jahren Gioia völlig überfordert mit Hundekursen, Zuhause trainieren und viel zu vielen Spaziergängen und Action. Als ich endlich zu einer tollen Hunde- Menschentrainerin kam und lernen durfte das weniger mehr ist, konnte auch Gioia Schritt für Schritt mehr zur Ruhe kommen. Sie ist viel viel glücklicher! Auf Spaziergängen zeigt sie mir Spuren die sie interessieren, wir suchen gemeinsam nach Mäusen, rennen übers Feld, laufen quer durch den Wald oder sitzen auch mal nur so in der Gegend rum und beobachten. Und das alles fühlt sich so entspannt und frei an. Weil nichts mehr „muss„. Und viele Probleme haben sich so gelöst weil einfach dieser enorme Stress wegfiel..wir trainieren praktisch nichts mehr. Das Wichtigste Mittel bei uns; Bögen laufen..sei das Mensch oder Hund. Wir laufen unseren Bogen, nutzen natürliche hündische Kommunikation und kommen so durch den Alltag. Zudem stärkt dass ihr Selbstvertrauen weil sie Situationen selbst lösen kann mit der nötigen Zeit und Distanz (und natürlich helfe ich ihr wenn sie Unterstützung braucht) Auch die Leine hat gewechselt; von den normalen 1.5/2m Leinen zu 5–10m Leinen 🙂 Die gibt uns Sicherheit, ist Verbindung und gibt ganz viel Freiheit. Ich hoffe es dürfen noch mehr Menschen diesen Weg finden..weg von diesem Beschäftigungswahn zu mehr geniessen und sein. 🙂