Achtung: Dieser Artikel enthält Spuren von Ironie und Sarkasmus.
Es gibt Tage, die verändern unser Leben. Wir alle haben eine imaginäre Liste solcher Tage in unserem Kopf. Darunter sind Tage, an denen uns beim Aufschlagen der Augen am Morgen bereits bewusst ist, dass dieser Tag unser Leben verändern wird. Der erste Schultag, der erste Tag an der Uni, das Erreichen der Volljährigkeit, der erste Tag im neuen Job… All dies sind Ereignisse, die wir so schnell nicht vergessen werden und die nachhaltig unser Leben verändert haben. Bei uns Hundebesitzern steht ein weiterer Tag auf dieser Liste:
Der Tag, an dem der Hund einzieht.
Ab diesem Moment verändern sich schlagartig und unwiderruflich zahlreiche Aspekte in unserem Leben. Von nun an müssen wir mehrmals täglich raus, tragen die Verantwortung für ein Lebewesen und werden immer freudestrahlend erwartet, wenn wir nach Hause kommen. Doch zu den vielen Veränderungen zählt auch etwas, was uns vielleicht nicht ab dem ersten Moment bewusst ist. Etwas, was uns meist erst nach und nach vor Augen geführt wird. Etwas, was wir vielleicht gar nicht so richtig wollen und demnach auch nicht beabsichtigt hatten.
Willkommen im Club.
Ganz automatisch werden wir mit dem Tag des Einzuges unseres Hundes Mitglied im Hundemenschenclub. Ob wir wollen oder nicht. Wir gehören dazu.
Und ganz ehrlich: Ich würde meine Mitgliedskarte gerne wieder zurück schicken, doch wer einmal drin ist, ist drin.
In einem Hundemenschenclub gelten ganz eigene Regeln. Bestimmte Rechte gibt man gleich beim Eintritt an der imaginären Türschwelle ab. Man hängt sie wie einen Mantel an die Garderobe bevor man die große Halle des Hundemenschenclubs betritt.
Doch bevor ich zu methaphorisch werde, berichte ich euch einmal von der Situation, in der mir bewusst wurde, dass auch ich Teil dieses Clubs bin.
Es war ein Samstag morgen und ich ging mit Queen — damals gab es Püppi noch gar nicht — am See spazieren. Ohne Leine, denn erstens ist es dort erlaubt und zweitens habe ich großen Wert auf Queens Rückrufbarkeit gelegt, um ihr eine größt mögliche Freiheit bieten zu können. Der See war nicht besonders groß und man konnte vom Weg aus auf die andere Seite sehen. Dort schlenderte eine Dame und glotze auf ihr Smartphone. In ihrer linken Hand baumelte eine dieser neongelben Flexileinen. An der Leine war jedoch kein Hund befestigt und so schaute ich mich direkt suchend um. Weder Queen noch ich sind begeistert, wenn ein fremder Hund auf uns zugestürmt kommt. Doch es kam wie es kommen musste. Keine Minute später stürmte ein langhaariges Etwas auf uns zu und bedrängte erst Queen, dann mich. Es sprang an meiner Hose hoch und hinterließ deutliche Spuren. Es war eine Mischung aus Seewasser, Schlamm und Matsch.
Ich hatte keine Chance. Je mehr ich versuchte, den Hund von mir abzuschütteln umso spannender fand er mich. Als die Dame endlich von der anderen Seite angelaufen kam, war ich bereits an beiden Hosenbeiden in einer Höhe von ca. 30 cm rund um meine Knie von vorne und hinten völlig versifft. Die Dame schlenderte gemütlich auf uns zu und rief nur “Joshi, hier steckst du also.” Mein Gesicht sprach Bände. Ich kann zwar meine Worte durchaus zügeln, doch mein Gesicht scheint ein Eigenleben zu führen. Noch nie konnte ich meine Emotionen verstecken. Wer mich kennt, liest mich wie ein offenes Buch. Nachdem die Dame ihren Hund angeleint hatte, blickte ich erst sie an und anschließend an mir herunter. Darauf folgte ein Satz, der mir bewusst machte, dass es diesen Club tatsächlich gibt.
“Na was schauen Sie denn so? Sie haben doch schließlich auch einen Hund.”
Bis zu diesem Punkt war ich durchaus bemüht meine Worte herunter zu schlucken. Auch auf die Gefahr hin, mich an dem dicken Brocken zu verschlucken. Doch dieser Satz führte dazu, dass mein Mund meinem Gesicht gleichzog und unkontrolliert agierte. “Und weil ich einen Hund habe, bedeutet das, dass Ihr Hund mich komplett einsauen darf?”
Sobald du Mitglied bist, gibt es bestimmte Dinge, die man hinzunehmen hat. Steht ja schließlich in der ungeschriebenen Clubsatzung:
§ 2 Wer Mitglied im Hundemenschenclub ist, der hat hinzunehmen, dass fremde Hunde auf sich und seinen Hund zugerannt kommen, den eigenen Hund und seinen Menschen belästigen und bedrängen. Zudem sind Nebeneffekte wie Ansabbern, Anrempfeln und Anspringen ausnahmslos und ungefragt zu akzeptieren. Unabhängig davon, ob hierbei sichtbare Spuren wie Verletzungen oder Verschmutzungen zurück bleiben.
§ 2 kennt jeder. Ihr fragt euch, was in § 1 steht? Ist doch logisch:
§ 1 besagt, dass Hundemenschen grundsätzlich und ausnahmslos jeden Hund lieben.
Ich liebe meine Hunde. Keine Frage. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass ich jeden Hund mag. Es gibt Arschlochhunde. Ist einfach so. Und die finde ich kacke. Da möchte ich auch nichts mit zu tun haben. Unerzogene, wild herumspringende Hunde sind so gar nicht mein Ding. Und die dazugehörigen Zweibeiner übringens ebenso wenig. Ich gehöre ohnehin zu den eher unbeliebten Hundebesitzern, da ich grundsätzlich an fremden Hunden vorbeilaufe. Meine Hunde brauchen keinen Kontakt zu Fremden. Sie gehen ohne Aufforderung einfach an ihnen vorbei oder warten mit mir, um den anderen Hund passieren zu lassen. Ich brauche keine fremden Hundebesitzer um mich. Denn sind wir mal ehrlich: Es gibt bestimmte Kategorien von Hundemenschen und einige davon muss ich nicht um mich haben. Da wären die chronischen Besserwisser, die sich ungefragt aufdrängen und einem ohne Aufforderung ihre Meinung und ihre Ansichten vor die Füße knallen. Dann hätte wir doch diejenigen, die Lobeslieder auf ihre eigene Gutmütigkeit singen, weil sie einen Hund aus dem Tierschutz aufgenommen haben oder diejenigen, die absolust keine Ahnung von gar nichts haben, sodass man bei Unterhaltungen mit ihnen vom imaginären Kopfschütteln bereits Nackenschmerzen hat. Dabei bin ich kein Fan von Schubladendenken und es gibt sicher ganz viele stink normale Hundemenschen dort draußen. Doch meine Erfahrungen in den letzten Jahren haben mir gezeigt, dass es für alle Beteiligten entspannter ist, wenn man begleitet von einem freundlichen aber distanzierten “Hallo” seinen eigenen Weg geht.
Vergleichen wir Hunde doch einfach mal mit Kindern oder Männern. Hätte ich ein Kind und würde dieses mit einem Schokoladeneis in der Hand auf eine fremde Frau in einem pastellfarbenen Hosenanzug zugerannt kommen und seine klebrigen Schokofinger an ihrer Hose abschmieren, so würde dies ebenso wenig tolliert wie laute umherspringende und unerzogene Kinder in einem Restaurant. Und ganz ehrlich: Ich kann das verstehen. Es gibt gewisse Regeln und Gebote der gegenseitigen Rücksichtnahme, an die wir uns alle halten sollten. Und um noch einmal auf § 1 zu sprechen zu kommen. Nur weil ich Hunde an meiner Seite habe, bedeutet es noch lange nicht, dass ich jeden Vierbeiner liebe. Ich habe ja auch einen Mann im meinem Leben und liebe deswegen noch längst nicht alle Exemplare dieser Spezies …
Dieser Artikel wurde in der Zeitschrift “Partner Hund” (Ausgabe vom 06.02.2019) abgedruckt.